1.6.2021, 00:00
Die heftigen Kurskorrekturen rufen wieder verstärkt Kritiker auf den Plan, die den Bitcoin als Blase sehen. Auch diesmal werden die Kritiker völlig danebenliegen.
Es ist eigentlich immer das Gleiche. In einer starken und nachhaltigen Aufwärtsbewegung verstummen die Kritiker. Brechen die Kurse ein, werden sie wieder lauter und haben sie es ja schon immer gewusst. Sie vergessen dabei natürlich immer zu erwähnen, dass sie in den vergangenen Jahren nie gewusst haben, dass die Bitcoinkurse extrem stark steigen. Die heftigen Schwankungen des Bitcoins in den Jahren seines Bestehens haben schon immer verunsichert. Während des Hypes zum Jahresende 2017 fragten sich auch viele traditionelle Anleger, die den Bitcoin bis dahin als Fake oder Blase abgetan hatten, ob sie hier nicht doch einen gravierenden Fehler machten. Manche fielen um und investierten zu Höchstpreisen. Andere zögerten und viele blieben einfach bei ihrer Meinung. Nach dem Crash 2018 waren sich dann alle diese Anleger einig: Sie hatten mit ihrer ursprünglichen Meinung recht. Der Bitcoin-Preis fiel von einem Höchststand von fast 20.000 USD im Dezember 2017 bis auf etwas mehr als 3.000 USD. Ein veritabler Crash.
Aber hatten sie wirklich recht? Nein. Sie lagen wie schon mehrfach zuvor ganz erheblich falsch. Seit vielen Jahren ist immer wieder zu hören, dass der Bitcoin die größte Blase aller Zeiten ist. Nach starken Einbrüchen des Bitcoins können sich die Kritiker dann für einige Zeit auf die Schulter klopfen. Jedoch: Wer ihnen gefolgt ist, hat die größte Hausse an den Anlagemärkten verpasst. Der Kursverlauf zeigt, dass es bisher nach den riesigen Aufwärtsbewegungen des Bitcoins am Schluss immer zu einer kurzfristigen Blasenbildung gekommen ist. Darauf folgen dann kräftige mittelfristige Korrekturen bis hin zu einem Crash. Der ist in seinem Ausmaß erschreckend, aber trotzdem überschaubarer als ein Aktiencrash. Denn der wesentliche Unterschied zu Aktien ist: Der Bitcoin ist kein Unternehmen. Er kann nicht pleitegehen. Es kann keine Einbrüche aufgrund von Gewinnwarnungen oder Ähnlichem geben. Der Bitcoin ist viel vorhersehbarer. Wenn sich nichts an der Grundüberzeugung ändert, dass der Bitcoin ein nicht inflationierbares, weltweit zugängliches und hoch-liquides Asset ist und der Bedarf für ein solches Asset aufgrund tatsächlicher oder erwarteter inflationärer Tendenzen bestehen bleibt, kann der Bitcoin schon allein aufgrund seiner absoluten Limitierung langfristig nur steigen. Die Nachhaltigkeit der langfristigen Aufwärtsbewegung zeigt sich auch an der Tatsache, dass die Jahrestiefststände des Bitcoins in allen Jahren mit Ausnahme von 2015 immer über denen der Vorjahre lagen. Wirkliche Blasen haben dagegen die Eigenschaft, dass sich der entsprechende Markt über viele Jahre oder gar Jahrzehnte oder überhaupt nicht mehr erholt.
Von daher sind Aussagen wie gerade von Marion Laboure, Analystin der Deutschen Bank, nicht überzubewerten, die den Bitcoin eher als kurzfristige Modeerscheinung sieht und dabei ein Zitat des Modezaren Karl Lagerfeld anführt: Trendy ist die letzte Stufe vor geschmacklos. Beim Bitcoin hat es aus ihrer Sicht nur drei Monate gedauert, um von trendy zu geschmacklos zu werden. Dazu hat es nur eines Tweets und einer chinesischen Verbotserklärung bedurft. Das ist natürlich flott dahergesagt und bedient gerade auch die herrschende Marktstimmung, ist aber letztlich wenig aussagekräftig. Interessanter ist da schon die Erklärung mit dem Tinkerbell-Effekt. Demnach wird der Wert des Bitcoins steigen oder fallen, je nachdem, was die Leute glauben, dass er wert ist. Laboure folgert daraus, dass der Wert des Bitcoins vollständig auf Wunschdenken basiert. Das stimmt zwar ansatzweise, gilt aber tendenziell auch für Fiat-Währungen. Im Gegensatz zu diesen ist der dezentrale Bitcoin aber nicht durch Politik und Notenbanken manipulierbar und schöpft gerade daraus seinen Wert. Hier können nicht Sparer und Anleger durch die Politik zentraler Instanzen klammheimlich enteignet werden, wie das gerade der Fall ist und auch bleiben wird. Solange es keine konkurrierende Kryptowährung gibt, die nicht zu sehen ist, wird das auch so bleiben. Die digitalen Zentralbankwährungen – genauso inflationierbar wie ihr physisches Pendant – werden es jedenfalls nicht sein, sondern könnten eher zu einem Treiber des Bitcoins werden.
Die wesentliche Frage in diesem Zusammenhang ist vielmehr: Wurde im aktuellen Haussezyklus des Bitcoins mit dem Aprilhoch bereits der Höchststand erreicht? Unsere Antwort: Nein. Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass es auch im letzten Haussezyklus in 2017 allein vier Korrekturen im Ausmaß von 35 bis 40 Prozent gab. Die jetzige Korrektur um bis über 50 Prozent im Tief ist zwar größer. Dafür waren die vorherigen Korrekturen auch deutlich geringer. Bei der größten im Januar gab es ein Minus von 30 Prozent. Zwar sieht das Chartbild beim Bitcoin aktuell tatsächlich etwas zerstört aus. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass der Kurs immer noch das Dreifache über den Kursen zum Beginn der Hausse im Oktober steht.