14.6.2019, 18:35
Nach den sehr starken Kursanstiegen der vorangegangenen zwei Monate hat der Bitcoin (BTC) Anfang Juni rund 15 Prozent korrigiert. Anschließend gab es bei Preisen um die 7.800 USD eine etwa eine Woche dauernde Konsolidierung. Nun zeigt der Trend wieder nach oben (vgl. BTC-Jahreschart unten). Aktuell notiert er bei 8.440 USD mit einem Tagesplus von 3,3%. Mit einer wieder zunehmenden Verunsicherung an den internationalen Finanzmärkten könnte der Bitcoin wieder einmal seine negative Korrelation ausspielen. Auch der auf neue 6-Jahreshöchststände hinlaufende Goldpreis spricht für diese These.
Dagegen liegen heute fast alle Altcoins im roten Bereich. Auch im Wochenvergleich zeigt sich, dass die Aufwärtsbewegung am Kryptomarkt vor allem vom Bitcoin mit einem Plus von über 5% getrieben ist. Die beste Performance hat der Litecoin (LTC), der in einer Woche rund 12% zulegte. Hier stimulierte das am 5.August anstehende Halvening. Dann werden – ähnlich wie beim Bitcoin im nächsten Jahr – die Belohnungen der Miner für jeden abgebauten Block reduziert. Vor dem letzten Halvening 2015 hat sich der Preis in eineinhalb Monaten versechsfacht. Allerdings korrigierte er dann bereits eineinhalb Monate vor dem Halvening um über 70% bis zum Termin. Von daher sollte man sich mit einer Spekulation auf steigende Preise eher zurückhalten. Immerhin war der Litecoin, den wir ja auch als größte Position im Tradingdepot hatten, eine der großen Kryptowährungen mit der besten Performance in diesem Jahr.
Aufregung um Facebook-Coin
Like it or not. Der Facebook-Coin kommt. Die Auswirkungen des Einstiegs der Datenkrake in den Kryptowährungsbereich werden beträchtlich sein. Was schon länger erwartet wird, scheint sich jetzt zu manifestieren. Am 18. Juni soll laut mehrerer Quellen ein Whitepaper veröffentlicht werden, das dann eine ausführliche Beschreibung der Funktionsweise des geheimnisvollen Kryptowährungsprojekts enthält, das facebook-intern Libra genannt wird.
Klar scheint bisher zu sein, dass es sich um einen Stable Coin handeln wird. Ein Stable Coin ist immer an ein oder mehrere andere Assets aus der „realen“ Welt gekoppelt. Am meisten verbreitet sind Stable Coins, die direkt an die großen Fiatwährungen (wie US-Dollar oder Euro) gebunden sind. Die Wertentwicklung von Stable Coins hat dann keine Eigendynamik wie bei Bitcoin & Co, sondern sollte genau die Wertentwicklung des abgebildeten Assets nachvollziehen. Deswegen sollte der Emittent der ausgegebenen Stable Coins auch jeweils die entsprechende Menge des realen Assets als Sicherheit hinterlegt haben. In der Vergangenheit gab es im Zusammenhang mit dem Tether, der 1:1 an den USD gebunden ist, allerdings berechtigte Zweifel, ob die Tether auch wirklich komplett durch die hinterlegten USD gedeckt sind. Beim Facebook-Coin dürfte das Problem aber nicht auftreten.
Was sind die Besonderheiten des Facebook-Coins? Einige plausible Vermutungen über den oft auch GlobalCoin genannten Facebook-Coin gibt es. So soll er an eine Vielzahl globaler Währungen gekoppelt werden. Er könnte damit ein Gegengewicht gegenüber den staatlichen Währungen insbesondere in Entwicklungsländern werden, die unter einer schleichenden oder galoppierenden Entwertung ihrer Währungen leiden. Die Facebook Foundation soll das Projekt leiten. Sie wird dadurch sehr mächtig und könnte sogar in die Funktion einer Zentralbank hineinwachsen. Teilweise wird auch spekuliert, dass es auf den Facebook-Coin Zinsen geben könnte. Denn das Geld dürfte bei der FED geparkt werden, die aktuell 2,35 Prozent Zinsen auf das bei ihr hinterlegte Geld von Partnerbanken zahlt. Würde Facebook dieses Geld dann nicht an die Coininhaber – zumindest teilweise – auszahlen, könnte leicht ein Shitstorm ausbrechen.Transaktionen mit dem Coin sollen umsonst sein.
Die Auswirkungen auf die reale Welt? Kurzum: Beträchtlich. Diskussionen um den Weg zur Weltherrschaft von Facebook werden zunehmen. Der GlobalCoin hätte das Zeug zu einer Art Weltreservewährung. Seriöse Schätzungen gehen derzeit von etwa 25 Millionen Bitcoin-Usern weltweit aus. Dagegen nähert sich die Zahl der Facebook-User der Marke von 2,5 Milliarden. Deswegen sollen große Zahlungsdienstleister wie Visa, Mastercard oder PayPal die Kryptowährung von Facebook unterstützen.
Nebenbei: Auch die Auswirkungen auf die Facebook-Aktie sollten nicht unterschätzt werden. Der Coin könnte für Facebook neben dem Anzeigengeschäft zu einer völlig neuen Einkommensquelle führen. Ein Barclays-Analyst hatte schon zusätzliche Einkünfte bis 2021 von bis zu 19 Milliarden USD prognostiziert.
Die Auswirkungen auf Bitcoin & Co? Eine Konkurrenz zum Bitcoin – wie vielfach vermutet – wird der Facebook-Coin aber nicht. Im Gegenteil. Ein GlobalCoin könnte die Zahl der Bitcoin-User, die derzeit nur ein Prozent der Facebook-User beträgt, nach oben schnellen lassen. Denn der Facebook-Coin wird auch gegen die wichtigsten Kryptowährungen handelbar sein, allen voran Bitcoin. Dadurch könnten viele Facebook-User, die bisher keinen Umgang mit Kryptowährungen hatten, dazu animiert werden, in Bitcoin & Co zu investieren. Dies könnte mittel- und längerfristig zu deutlichen Kursanstiegen des Bitcoins führen. Denn: Im Gegensatz zu dem GlobalCoin gibt es beim Bitcoin ein strikt limitiertes Angebot. Eine Flucht vieler Menschen aus ihren heimlich oder offen inflationierten oder reglementierten Währungen klappt deshalb mit dem GlobalCoin mit seiner Bindung an die traditionellen Währungen nicht. Mit dem Bitcoin schon.
Die Auswirkungen auf die Altcoins sind differenzierter zu sehen. Hier gibt es teilweise Stimmen, die im Facebook-Coin einen Altcoin-Killer sehen. So könnten Coins wie Ripple oder Litecoin unter Druck kommen, bei denen schnelle und billige Zahlungsmöglichkeiten ein Hauptargumente für deren Existenzberechtigung sind. Allerdings dürfte aus unserer Sicht Litecoin wie Bitcoin eher profitieren. Generell werden auf mittlere und längere Sicht die meisten Altcoins vom Markt verschwinden bzw. in die Bedeutungslosigkeit verfallen. Von daher sollten die möglichen Auswirkungen des Facebook-Coins hier zunächst nicht überbewertet aber auch nicht völlig vernachlässigt werden.